Volume 87, Issue 10 p. 1279
Editorial
Free Access

ResearchGate und andere Archive

First published: 24 September 2015
Citations: 1

Liebe Leser,

dass wissenschaftliche Verlage noch viel mehr tun, als die von den Autoren eingereichten Dateien der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, habe ich an dieser Stelle im Mai-Heft diesen Jahres bereits beschrieben [1]. Es ist wohl unstrittig, dass Verlage einen Mehrwert erzeugen und dass sich die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Autoren und den Verlagen bewährt hat. Unstrittig ist auch, dass die Bemühungen der wissenschaftlichen Verlage Geld kosten, das erwirtschaftet werden muss. Dieses Geld (und – ja, zugegeben, auch einen bestimmten Gewinn) verdienen Verlage klassischerweise durch den Verkauf der Inhalte an Bibliotheken oder andere Abonnenten. Der Autor hat dafür – auch hier betrachten wir wieder den klassischen Fall – an den Verlag die Rechte zur Nutzung des geistigen Eigentums übertragen, dessen Urheber er freilich bleibt. Nichts anderes erfolgt durch Unterschreiben des Copyright Transfer Agreements, wenn man einmal von einigem Kleingedruckten absieht. Das Kleingedruckte listet im Wesentlichen Regelungen zu Gunsten des Autors auf, es werden nämlich zahlreiche Rechte automatisch rücklizensiert. Kein Autor braucht eine extra Genehmigung einzuholen, um z. B. Abbildungen oder Tabellen in anderem Zusammenhang nochmals zu verwenden.

Anders ist es mit der Weiterverbreitung des gesamten Artikels in einer Form, in die er dank des Engagements des Verlages gebracht wurde. Hier müssen Verlage restriktiv sein, denn eine Währung, die über Wohl und Wehe entscheidet, ist die Zahl der Seitenaufrufe – der sogenannte Traffic. Bibliothekare wollen wissen, ob die Abonnements, für die sie ihr Budget ausgeben, von ihren Kunden denn auch genutzt werden. In unserem CTA, wie wir das Copyright Transfer Agreement der Einfachheit halber bezeichnen, heißt es bezogen auf die endgültige, veröffentlichte Version:

„Wiley-VCH lizensiert folgendes zurück: Das persönliche Recht des Beitragenden, einzelne Exemplare der endgültigen veröffentlichten Version in allen Formaten an Kollegen auf deren Wunsch hin zu übermitteln, vorausgesetzt, es wird keine Gebühr erhoben und weiterhin vorausgesetzt, dass keine systematische Verteilung erfolgt, z. B. Posten auf einem Listserver, Netzwerk oder automatisiertes Versenden”︁.

Und hier kommen die Social Media wie etwa ResearchGate ins Spiel. Autoren werden aufgefordert, im Dienste der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern ihren Beitrag auf dem professionellen Netzwerk hochzuladen und zu teilen. Nicht erwähnt wird, dass ResearchGate damit die Früchte aus Nachbars Garten stiehlt, nämlich den Mehrwert, den die Verlage erbracht haben. Es wird auch nicht erwähnt, dass das Hochladen in den meisten Fällen bedeutet, die vorher eingeräumten Nutzungsrechte des Verlages zu verletzen.

Eine Version eines Artikels, die auf ResearchGate angeklickt wird, wird natürlich nicht nochmals auf Wiley Online Library angeklickt. Und so gibt es keinen Traffic, die Bibliothekare stellen die augenscheinlich nicht genutzten Abos ein, die Verlage können ihre Arbeit an Ihren Manuskripten nicht mehr finanzieren. Eine Konsequenz, die sicherlich den wenigsten Wissenschaftlern bewusst ist. Daher: Wundern Sie sich bitte nicht, wenn wir Sie freundlich auffordern, hochgeladene Beiträge auf frei zugänglichen Sites (und dazu gehört auch Ihre eigene Homepage) zu entfernen und durch einen Link auf Wiley Online Library zu ersetzen. Wir tun das nicht, um Sie, unsere Partner, zu behindern, sondern um auch in Zukunft die Mittel zu erwirtschaften, um mit Ihnen zusammenarbeiten zu können.

Biographical Information

„Bibliothekare wollen wissen, ob die Abonnements, für die sie ihr Budget ausgeben, von ihren Kunden denn auch genutzt werden.”︁

    The full text of this article hosted at iucr.org is unavailable due to technical difficulties.