Volume 97, Issue 7 pp. 689-696
Research Article
Open Access

Ablagerungsbildung und ihre Minderung in der Membrandestillation zur Konzentrierung von Meerwasser

Fouling and its Mitigation in Membrane Distillation for Seawater Brine Concentration

Dr.-Ing. Sebastian Schilling

Dr.-Ing. Sebastian Schilling

Universität Bremen, Fachgebiet Technische Thermodynamik, Badgasteiner Straße 1, Bremen, 28359 Deutschland

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Dr.-Ing. Heike Glade

Corresponding Author

Dr.-Ing. Heike Glade

Universität Bremen, Fachgebiet Technische Thermodynamik, Badgasteiner Straße 1, Bremen, 28359 Deutschland

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First published: 13 May 2025

Zusammenfassung

de

Die Membrandestillation gilt als vielversprechendes Verfahren für die Konzentrierung hochsalzhaltiger Wässer, wie die Sole aus Meerwasserentsalzungsanlagen oder salzhaltige Industrieabwässer im Rahmen der Zero Liquid Discharge-Strategie. Ein großes Problem ist die Ablagerungsbildung (Fouling) auf den Membranen. In dieser Studie wurde ein Prozessmodell mit einer geochemischen Software gekoppelt, um die lokalen Temperaturen, Konzentrationen und Sättigungsindizes verschiedener Salze in einem großen Membranmodul während der Konzentrierung von Meerwassersole zu untersuchen. Die Ergebnisse aus einer Laboranlage zeigen, dass erst die dem Calciumcarbonat nachfolgende Bildung von Calciumsulfat zu einem signifikanten Abfall der Permeatstromdichte führt. Durch Additive kann die Ablagerungsbildung zu hohen Konzentrationsfaktoren verschoben werden.

Abstract

en

Membrane distillation is considered a promising process for concentrating highly saline waters, particularly brine from seawater desalination plants or saline wastewater from industrial processes as part of the Zero Liquid Discharge strategy. A major challenge is crystallization fouling on the membrane surface. In this study, a process model was coupled with geochemical software to investigate local temperatures and concentrations as well as the local saturation indices of various salts in a large-scale membrane module during seawater brine concentration. Results from a laboratory-scale membrane distillation system show that the formation of calcium sulfate, following the deposition of calcium carbonate, leads to a significant decline in permeate flux. The use of antiscalants shifts crystallization fouling to higher concentration factors.

1 Einleitung

Die Membrandestillation (MD) ist ein thermisches Trennverfahren, bei dem die Stofftrennung auf dem Phasenwechsel an einer Dampf-Flüssigkeits-Phasengrenze beruht, die durch eine mikroporöse Membran immobilisiert wird, und das Eindringen der zumeist wässrigen Lösung in die Poren der Membran durch ihre hydrophoben Oberflächeneigenschaften verhindert wird. Ein wesentlicher Vorteil der MD ist der theoretisch mögliche Rückhalt von 100 % aller nichtflüchtigen Bestandteile des Rohwassers. Zudem wird sie bei niedrigen Betriebsdrücken und Temperaturen betrieben [1], was die Nutzung von Abwärme oder den Einsatz regenerativer Energien wie Solar- und Geothermie ermöglicht [2]. Die MD wird als vielversprechendes Verfahren für die Konzentrierung hochsalzhaltiger Wässer gesehen, um die Sole aus Meerwasserentsalzungsanlagen oder salzhaltige Abwässer aus Industrieanlagen im Rahmen der Abwassermanagementstrategie Zero Liquid Discharge zu konzentrieren, sodass das Flüssigkeitsvolumen reduziert, Wasser für den Gebrauch zurückgewonnen und bei Bedarf die Gewinnung von wertvollen Rohstoffen aus dem Konzentrat ermöglicht wird [3, 4].

Die ungewollte Bildung von Ablagerungen auf den Membranoberflächen, auch Fouling genannt, ist hierbei jedoch ein großes Problem, da sie zur Verschlechterung der Trennleistung und Trennschärfe [5-7] und damit zu verringerter Permeatstromdichte, erhöhtem Energiebedarf, größerer benötigter Membranfläche, Verringerung der Permeatqualität, intensiver Reinigung, längeren Ausfallzeiten sowie häufigerem Membranaustausch führen kann [8, 9].

Die Ablagerungsbildung in der MD unterscheidet sich deutlich von der Ablagerungsbildung in druckgetriebenen Membranprozessen und in Wärmeübertragern [6, 9]. Sie kann nach der Art der belagbildenden Stoffklassen in anorganische, organische und biologische Ablagerungen unterteilt werden [6, 10]. Die Kristallisation von Salzen (Kristallisationsfouling) ist die häufigste Form der Ablagerungsbildung bei der Konzentrierung salzhaltiger Wässer [11].

Das Vorhandensein einer Übersättigung der Lösung bezüglich eines Salzes ist grundlegende Voraussetzung für die Kristallisation des Salzes. Die Übersättigung ist bedingt durch die tatsächlich vorliegende Konzentration der Komponente in der Lösung und ihre Löslichkeit, die oft eine Funktion der Lösungstemperatur ist. Insofern bestimmen sowohl die Temperaturen als auch die Konzentrationen über das Maß der Übersättigung in der Kernströmung und an der Membranoberfläche. Dabei ist der Grad der Übersättigung, der Sättigungsindex SIi, als dekadischer Logarithmus des Verhältnisses des Ionenaktivitätsprodukts und des Löslichkeitsprodukts KSP,i der Verbindung i definiert zu
()
mit der relativen Aktivität aj und dem stöchiometrischen Koeffizienten νj der Spezies j. Die Lösung ist bezüglich der betrachteten Verbindung im Falle von SIi > 0 übersättigt und im Falle von SIi < 0 ungesättigt. Bei SIi = 0 liegt das Sättigungsgleichgewicht vor.

Calciumcarbonat (CaCO3) ist eine der häufigsten belagbildenden Verbindungen. In der Meerwasserentsalzung ist Calciumcarbonat allgegenwärtig und tendenziell eine der ersten Verbindungen, die ihren Sättigungszustand erreicht [8]. Oft entsteht Calciumcarbonat durch den Zerfall von Hydrogencarbonationen und der anschließenden Reaktion mit Calciumionen, wobei das entstehende Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Lösung desorbiert [12, 13]. Weitere bestimmende Einflussgrößen sind Druck, Temperatur und andere gelöste Komponenten [14]. Calciumcarbonat tritt in den Kristallmodifikationen Aragonit, Calcit und Vaterit auf [8, 12, 14].

Calciumsulfat ist der bekannteste Vertreter der nichtalkalinen Belagbildner und kann in den Modifikationen Gips (Dihydrat: CaSO4·2H2O), Bassanit (Hemihydrat: CaSO4·0,5H2O) und Anhydrit (wasserfrei: CaSO4) auftreten [15, 16].

Zur Minderung der kristallinen Ablagerungsbildung auf Wärmeübertragungs- oder Membranflächen können verschiedene Maßnahmen getroffen werden [17, 18]. Eine gängige Maßnahme stellt die Zugabe von Additiven (engl. antiscalant) zum Speisewasser dar [17, 19]. Diese Additive modifizieren die Kristallisation, indem sie in die komplexen Adsorptions-, Keimbildungs- und Kristallwachstumsprozesse eingreifen. Sie können die Ablagerungsbildung häufig schon bei sehr geringen Dosierungen effektiv unterdrücken [20].

Verglichen mit konventionellen Membranprozessen ist die Ablagerungsbildung in der MD relativ wenig untersucht [9, 21] und schlecht verstanden [7, 21, 22]. Daher ist ein besseres Verständnis der Mechanismen der Ablagerungsbildung notwendig, um ihr effektiv entgegenwirken zu können.

Im vorliegenden Beitrag werden Ergebnisse von Modellrechnungen mit einem Prozessmodell für die Direktkontakt-MD vorgestellt, um die Temperatur- und Konzentrationsprofile zu beleuchten. Durch Verknüpfung mit der hydrogeochemischen Modellierungssoftware PHREEQC (pH Redox Equilibrium in C Language) wird die Neigung gelöster Salze zur Ablagerungsbildung entlang des Strömungsweges in großen Modulen in Abhängigkeit von den Prozessparametern aufgezeigt. Außerdem werden Ergebnisse von Versuchen in einer MD-Anlage im Labormaßstab vorgestellt und diskutiert, um den Ablauf der Ablagerungsbildung und den Einfluss der Prozessgrößen näher zu untersuchen und die Wirksamkeit von Additiven zur Minderung der Ablagerungsbildung zu bewerten. Weitere Ergebnisse werden von Schilling [23] sowie Schilling und Glade [24] beschrieben.

2 Modellrechnungen zum Wärme- und Stofftransport und zur Übersättigung der Salze

Zur Beschreibung des gekoppelten Wärme- und Stofftransports bei der Direktkontakt-MD wurde ein Prozessmodell in Matlab R2019a implementiert [23, 24]. Mit dem Prozessmodell wurden die Temperatur- und Konzentrationsprofile in der Kernströmung und an der Membranoberfläche sowie die lokale Permeatstromdichte entlang des Strömungsweges in einem Spiralwickelmodul industrieller Baugröße berechnet.

Das Prozessmodell in Matlab R2019a wurde mit der hydrogeochemischen Modellierungssoftware PHREEQC [25] über eine virtuelle Component Object Model (COM)-Schnittstelle verknüpft, um die Sättigungsindizes relevanter Salze im Meerwasser während der Aufkonzentrierung der Multikomponenten-Elektrolytlösung entlang des Strömungsweges und damit deren Neigung zur Ablagerungsbildung zu ermitteln [23]. Die Modellierungssoftware PHREEQC berechnet die Konzentrationen der einzelnen Spezies in der wässrigen, Gas- und Feststoffphase im Zustand des thermodynamischen Gleichgewichts und ermittelt die Sättigungsindizes. Für die erforderlichen Stoffdaten wurde die pitzer.dat-Datenbank genutzt.

3 Experimentelle Untersuchung der Ablagerungsbildung und ihrer Minderung

Für die experimentellen Untersuchungen wurde eine MD-Anlage im Labormaßstab (SolarSpring membrane solutions GmbH, Freiburg im Breisgau, Deutschland) eingesetzt [23]. Hauptkomponente der MD-Anlage ist ein Plattenmodul mit einer transparenten Frontabdeckung. Die Abmessungen der heißen und kalten Flüssigkeitskanäle betragen jeweils 250 mm × 150 mm × 2 mm. Flachmembranen mit einer effektiven Membranfläche von 0,0375 m2 können eingesetzt werden.

Die Laborversuchsanlage wurde mit geschlossenen Kreisläufen im Gegenstrom in der Direktkontaktverfahrensvariante betrieben. Dabei wurde eine Membran aus Polyethylen (PE) eingesetzt, die auch in der industriellen Praxis Anwendung findet. Die Membran verfügt bei einer Porosität von 85 % über eine mittlere Porengröße von 0,3 µm. Die Membran hat eine Dicke von 76 µm und kommt ohne Trägerstruktur aus. Es wurde für jeden Versuch stets eine neue Membran im Modul verwendet. Für die Untersuchungen wurden die Strömungskanäle mit symmetrischen, 2 mm dicken rhombischen Abstandshaltern (CN1; TENAX Kunststoffe, Lindau, Deutschland) ausgestattet. Der hydraulische Durchmesser der Strömungskanäle mit den Abstandshaltern beträgt dh = 1,83 mm.

Die Untersuchungen zur Ablagerungsbildung wurden mit künstlich hergestellten Meerwasserkonzentraten durchgeführt, die die Sole am Austritt einer Meerwasserentsalzungsanlage bzw. deren weitere Konzentrierung darstellen sollen. Die Zusammensetzung des künstlichen Meerwassers beruht auf einer Formulierung von Kester et al. [26] aus der Ozeanografie und repräsentiert 99,9 % der Salze, die in natürlichem Meerwasser enthalten sind.

Zur Bestimmung des Einflusses der Prozessparameter auf die Ablagerungsbildung wurden Versuche mit verschiedenen mittleren Temperaturen am heißen Modulende (arithmetisch gemittelte Temperaturen der beiden Stoffströme am Eintritt des Zulaufs bzw. Austritt des Kühlmittels), treibenden Temperaturdifferenzen, Volumenströmen sowie anfänglichen Salzgehalten durchgeführt. Die Konzentrierung des Meerwassers während des Prozesses wird mit dem Konzentrationsfaktors CF ausgedrückt:
()

Hierin ist St,EV der Salzgehalt der Lösung zum Zeitpunkt t und S0,EV der Salzgehalt der Lösung zum Startzeitpunkt.

Bisher gibt es keine kommerziellen Additive zur Verminderung der Ablagerungsbildung, die speziell für die MD entwickelt wurden. Zur Untersuchung der Wirksamkeit verschiedener polymerer Additive zur Verminderung der Ablagerungsbildung während der Konzentrierung von Meerwasser wurden die kommerziellen polymeren Additive Sokalan® RO 100, RO 3500, PM 10 I und PM 15 I (BASF SE, Ludwigshafen, Deutschland) ausgewählt, die bereits in Umkehrosmose- bzw. Verdampferanlagen für die Meerwasserentsalzung eingesetzt werden. Die Versuche wurden mit Meerwasserkonzentraten mit anfänglichen Salzgehalten von 65 g kg−1 bei einer mittleren Temperatur von 60 °C, einer treibenden Temperaturdifferenz von 10 K und Volumenströmen von 150 L h−1 im Direktkontaktverfahren durchgeführt. Dabei wurden die Additive der Versuchslösung mit einer Konzentration von 1,5 mg kg−1 direkt vor Beginn des Versuchs zugegeben.

4 Simulationsergebnisse zum Wärme- und Stofftransport und zur Übersättigung der Salze

In Abb. 1a sind die berechneten Temperatur- und Konzentrationsprofile in der Kernströmung und an der Membranoberfläche sowie der Verlauf der lokalen Permeatstromdichte für das Direktkontaktverfahren dargestellt. Hierfür wurde eine Kanallänge von 7,0 m und eine Kanalhöhe von 0,7 m angenommen [27]. Die Volumenströme von 150 L h−1 wurden so gewählt, dass die resultierenden Strömungsgeschwindigkeiten von ca. 0,165 m s−1 mit denen der Laboranlage vergleichbar sind. Es ist zu erkennen, dass sich die Temperaturen an der Membran und in der Kernströmung in einem abfallenden Verlauf immer weiter annähern. Dies ist auf die sich stetig verringernde Wärme- und Permeatstromdichte zurückzuführen. Am Moduleingang entspricht die Konzentration der Kernströmung dem anfänglichen Salzgehalt von 65 g kg−1 der Modelllösung. Die Konzentration an der Membranoberfläche ist jedoch im Vergleich zur Kernströmung deutlich erhöht, was auf eine beträchtliche Konzentrationspolarisation zurückzuführen ist. Durch den fortwährenden Stofftransport des Permeats nimmt die Konzentration im Kern der Strömung stetig zu. Es zeigt sich jedoch, dass die Konzentration an der Membranoberfläche nach Passieren der Eingangslänge abnimmt.

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a) Lokale Temperaturen, Salzgehalte und Permeatstromdichten sowie b) lokale Sättigungsindizes für relevante Salze entlang des Strömungsweges in der Kernströmung (ϑEV, SEV, SIEV) und an der Membranoberfläche (ϑEV,M, SEV,M, SIEV,M) bei Direktkontakt-MD in einem großtechnischen Modul für Meerwasserkonzentrat mit einem anfänglichen Salzgehalt von 65 g kg−1 (treibende Temperaturdifferenz 10 K, Strömungsgeschwindigkeit 0,165 m s−1).

Auf Basis der in Abb. 1a gezeigten Temperatur- und Konzentrationsverläufe wurden die in Abb. 1b dargestellten Sättigungsindizes für relevante Salze in künstlichem Meerwasserkonzentrat berechnet. Die Calciumsulfat-Modifikationen Gips und Anhydrit liegen in künstlichem Meerwasserkonzentrat mit einem anfänglichen Salzgehalt von 65 g kg−1 nicht gesättigt vor. Ihre Ausfällung ist daher hier nicht zu erwarten, obwohl sie bei weiterer Konzentration der Lösung ausfallen könnten. Die Carbonate weisen jedoch eine erhebliche Übersättigung auf. Es ist daher anzunehmen, dass diese Salze zur Ablagerungsbildung beitragen können. Zudem zeigt sich außer für Gips ein genereller Trend abnehmender Sättigungsindizes entlang des Strömungsweges. Gleichzeitig sind die Sättigungsindizes aller Salze an der Membranoberfläche gegenüber der Kernströmung erhöht.

5 Experimentelle Ergebnisse

5.1 Ablagerungsbildung

Um den Verlauf der Ablagerungsbildung und die Zusammensetzung der Beläge näher zu untersuchen, wurde künstliches Meerwasserkonzentrat mit einem anfänglichen Salzgehalt von 65 g kg−1 bis zum Erreichen von verschiedenen Konzentrationsfaktoren CF in der MD-Anlage in Direktkontaktkonfiguration mit einer PE-Membran konzentriert. Zum Vergleich wurde eine Natriumchlorid (NaCl)-Lösung mit dem gleichen anfänglichen Salzgehalt von 65 g kg−1 konzentriert. In Abb. 2a ist der zeitliche Verlauf der Permeatstromdichte für die Versuche dargestellt. Die auf der Membran gebildeten Ablagerungen wurden mittels Fouriertransformations-Infrarotspektroskopie (FTIR) mit abgeschwächter Totalreflexion analysiert. Abb. 2b zeigt FTIR-Spektren der Beläge auf den Membranen, die nach Erreichen der unterschiedlichen Konzentrationsfaktoren des künstlichen Meerwassers aus dem Modul entnommen wurden, im Vergleich zum FTIR-Spektrum der unbenutzten PE-Membran.

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a) Zeitlicher Verlauf der Permeatstromdichte bei der Konzentrierung von künstlichem Meerwasserkonzentrat (anfänglicher Salzgehalt S0,EV = 65 g kg−1) bis zum Erreichen von verschiedenen Konzentrationsfaktoren im Vergleich zur Konzentrierung einer NaCl-Lösung (S0,EV = 65 g kg−1) und b) FTIR-Spektren der Beläge, die in den Versuchen mit künstlichem Meerwasserkonzentrat bis zum Erreichen des Konzentrationsfaktors auf der Membranoberfläche entstanden sind, im Vergleich zur unbenutzten PE-Membran.

Abb. 2a zeigt sowohl bei der Konzentrierung von künstlichem Meerwasserkonzentrat als auch bei der Konzentrierung der NaCl-Lösung eine graduelle Reduktion der Permeatstromdichte um ca. 20 % nach ca. 34 h. Während die Permeatstromdichte im Versuch mit der NaCl-Lösung stetig weiter abnimmt, tritt in den Versuchen mit den Meerwasserkonzentraten ein starker Abfall der Permeatstromdichte nach ca. 34 h auf, der auf die Ablagerungsbildung zurückzuführen ist.

Die stetige Reduktion der Permeatstromdichte in der ersten Phase der Konzentrierung ist maßgeblich durch die Erhöhung der Lösungskonzentration geprägt. Dies geschieht für künstliches Meerwasser und für die nicht zur Ablagerungsbildung neigende NaCl-Lösung gleichermaßen und beruht maßgeblich auf der Verringerung des Wasserdampfsättigungsdrucks mit steigendem Salzgehalt. Andere Stoffeigenschaften, wie Dichte und Viskosität, werden ebenfalls durch die Zunahme des Salzgehaltes beeinflusst, was sich auf die Hydrodynamik auswirkt. Damit wird auch die Ausprägung der Temperatur- und Konzentrationsgradienten verändert, sodass ein erhöhter Salzgehalt auch zu verstärkter Temperatur- und Konzentrationspolarisation führt.

Das FTIR-Spektrum der unbenutzten Membran in Abb. 2b zeigt die für PE typischen Absorptionsbanden. Bis zu einem Konzentrationsfaktor von 2,0 konnte noch kein signifikanter Rückgang der Permeatstromdichte festgestellt werden. Das FTIR-Spektrum deutet darauf hin, dass die Membranoberfläche teilweise durch Calciumcarbonat in der Modifikation Aragonit belegt ist, aber ein Großteil der Membranoberfläche noch optisch frei zugänglich ist. Bei einem Konzentrationsfaktor von 2,3 wurde ein signifikanter Rückgang der Permeatstromdichte beobachtet. Das FTIR-Spektrum zeigt die Bedeckung der Membran mit Gips (Calciumsulfat-Dihydrat, CaSO4·2H2O). Nach der Konzentrierung des Meerwassers bis zum Konzentrationsfaktor 2,4 und dem Versiegen der Permeatstromdichte konnte auf der Membranoberfläche ein gemischter Belag mit hohem Gipsanteil und kleinem Anteil an Calciumcarbonat festgestellt werden, was auch durch eine Kristallstrukturanalyse mittels Röntgendiffraktometrie nachgewiesen werden konnte. Ein Grund dafür, dass Calciumsulfat gegenüber Calciumcarbonat zu einem starken Abfall der Permeatstromdichte führt, könnte darin liegen, dass die Löslichkeit von Calciumsulfat um zwei Größenordnungen höher ist als die von Calciumcarbonat. Damit ist die effektive Konzentration des Calciumsulfats beim Überschreiten der Löslichkeitsgrenze auch erheblich höher als die des Calciumcarbonats. Dies begünstigt eine hohe Ablagerungsrate und resultiert in einer schnellen Akkumulation an der Membranoberfläche, sodass die Massendichte des Belags ebenfalls schneller zunimmt.

Die Rasterelektronenmikroskopaufnahmen in Abb. 3 zeigen die auf den Membranoberflächen haftenden Beläge, die bei verschiedenen Volumenströmen und mittleren Temperaturen gebildet wurden. Es ist zu erkennen, dass bei geringer Temperatur ein Belag entsteht, der viele nadelartige Kristalle mit großem Aspektverhältnis aufweist. Bei erhöhter Temperatur sind dagegen auch plättchenförmige Strukturen zu erkennen. Dies weist auf eine Veränderung des Kristallwachstumsmechanismus gegenüber den sonst nadelartigen Belägen hin. Durch die Erhöhung der Volumenströme entstehen vermehrt kleinere Kristallstrukturen, da die Konzentrationsüberhöhung geringer ausgeprägt ist.

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Rasterelektronenmikroskopaufnahmen der bei verschiedenen mittleren Temperaturen am heißen Modulende und Volumenströmen gebildeten Beläge (anfänglicher Salzgehalt des Meerwasserkonzentrats 65 g kg−1, treibende Temperaturdifferenz 10 K).

5.2 Minderung der Ablagerungsbildung durch Additive

In Abb. 4 ist die normierte Permeatstromdichte bei der Konzentrierung einer Natriumchloridlösung, bei der keine Ablagerungsbildung erwartet wird, sowie von künstlichem Meerwasserkonzentrat mit einem anfänglichen Salzgehalt von 65 g kg−1 ohne Additiv und bei Einsatz der verschiedenen Additive Sokalan® RO 100, RO 3500, PM 10 I und PM 15 I (BASF SE, Ludwigshafen, Deutschland) mit einer geringen Konzentration von 1,5 mg kg−1 dargestellt. In der ersten Konzentrationsphase nimmt die normierte Permeatstromdichte bei allen Lösungen mit ähnlichem Gradienten ab. Während die Permeatstromdichte bei der Konzentrierung von künstlichem Meerwasser ohne Additiv und mit dem Additiv PM 15 I bereits bei einem Konzentrationsfaktor von 2,2 abfällt, tritt der Abfall mit dem Additiv PM 10 I bei einem Konzentrationsfaktor von 2,4 und mit den RO-Additiven erst bei einem Konzentrationsfaktor über 3,0 ein. Es ist ersichtlich, dass die für Verdampfungsverfahren entwickelten Additive PM 10 I und PM 15 I weniger effektiv wirken als die für Umkehrosmose entwickelten Additive RO 100 und RO 3500. Insbesondere beim Einsatz des Additivs PM 15 I lässt sich gegenüber dem Referenzversuch ohne Additiv keine signifikante Belagverminderung feststellen. Es ist zu erkennen, dass die Ablagerungsbildung durch die vorwiegend inhibierend wirkenden Additive RO 100 und RO 3500 verzögert wird, dennoch ist im Vergleich zur Konzentrierung der NaCl-Lösung ersichtlich, dass ab einer kritischen Konzentration eine Ablagerungsbildung einsetzt.

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Verlauf der normierten Permeatstromdichte über dem Konzentrationsfaktor bei der Konzentrierung der NaCl-Lösung und der künstlichen Meerwasserkonzentrate mit einem anfänglichen Salzgehalt von 65 g kg−1 ohne Additiv (ohne AS) und mit verschiedenen Additiven der Sokalan®-Produktreihe bei einer Dosierung von 1,5 mg kg−1.

Die Rasterelektronenmikroskopaufnahmen in Abb. 5 zeigen die unbenutzte PE-Membran und den Belag ohne Verwendung eines Additivs. Zum Vergleich sind die Rasterelektronenmikroskopaufnahmen der Beläge unter Einsatz der Additive Sokalan® RO 100, RO 3500, PM 10 I und PM 15 I in Abb. 6 dargestellt. Neben den einzelnen stabförmigen Kristallen sind insbesondere bei den Additiven PM 10 I, RO 100 und RO 3500 amorphe Strukturen zu erkennen, die an den Einzelkristallen haften und diese miteinander aggregieren. Dagegen weist die Kristallschicht durch die Anwendung des Additivs PM 15 I keine visuell festzustellenden Veränderungen auf. Zudem bleiben die Einzelkristalle bei den Additiven PM 10 I, RO 100 und RO 3500 durch die Aggregation vergleichsweise klein. Weiterhin ist zu erkennen, dass die amorphen Strukturen insbesondere bei RO 100 auf der kurzen Stirnseite der Gipskristalle adsorbieren, während bei RO 3500 und PM 10 I auch die größeren Kristalloberflächen belegt werden. Das Additiv RO 100 blockiert somit die Kristallseite mit der höchsten Wachstumsgeschwindigkeit am wirksamsten.

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Rasterelektronenmikroskopaufnahmen der a) unbenutzten PE-Membran und b) des Belags ohne Einsatz eines Additivs (anfänglicher Salzgehalt des Meerwasserkonzentrats 65 g kg−1, mittlere Temperatur 60 °C, treibende Temperaturdifferenz 10 K, Volumenströme 150 L h−1).
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Rasterelektronenmikroskopaufnahmen der Beläge bei Anwendung der Additive a) Sokalan® RO 100, b) Sokalan® RO 3500, c) Sokalan® PM 10 I und d) Sokalan® PM 15 I mit einer Konzentration von 1,5 mg kg−1 (anfänglicher Salzgehalt des Meerwasserkonzentrats 65 g kg−1, mittlere Temperatur 60 °C, treibende Temperaturdifferenz 10 K, Volumenströme 150 L h−1).

6 Zusammenfassung und Ausblick

Die MD wird als vielversprechendes Verfahren für die Konzentrierung hochsalzhaltiger Wässer angesehen, um beispielsweise die Sole aus Meerwasserentsalzungsanlagen oder salzhaltige Abwässer aus Industrieanlagen zu konzentrieren, sodass das Flüssigkeitsvolumen reduziert, Wasser für den Gebrauch zurückgewonnen und bei Bedarf die Gewinnung von wertvollen Rohstoffen aus dem Konzentrat ermöglicht wird.

Durch Verknüpfung des Prozessmodells mit der hydrogeochemischen Software PHREEQC wurden die lokalen Temperaturen und Konzentrationen im Kern der Strömung und an der Membranoberfläche sowie der lokale Sättigungsindex verschiedener belagbildender Salze entlang des Strömungsweges in einem großtechnischen Modul für die Direktkontaktverfahrensvariante ermittelt. So wurde festgestellt, dass am Moduleingang sowie an der Membranoberfläche der höchste Sättigungsindex der Salze vorliegt. Dies deutet auf einen größeren Einfluss der Konzentrationspolarisation im Vergleich zur Temperaturpolarisation hin.

Ferner wurde die Ablagerungsbildung bei der weiteren Konzentrierung von Meerwasserkonzentraten in einer MD-Anlage im Labormaßstab untersucht. Es zeigte sich, dass erst die dem Calciumcarbonat nachfolgende Bildung von Calciumsulfat zu einem signifikanten Abfall der Permeatstromdichte führt. Die Bildung der hauptsächlich aus Calciumsulfat bestehenden Ablagerungen wurde von den Prozessbedingungen deutlich beeinflusst. Es konnte gezeigt werden, dass bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit kleinere Kristalle entstehen, da die Konzentrationsüberhöhung geringer ausgeprägt ist.

Ferner wurde die Minderung der Ablagerungsbildung durch Einsatz verschiedener polymerer Additive in der MD-Anlage in der Direktkontaktkonfiguration untersucht. Insbesondere die vorwiegend inhibierend wirkenden Additive, die in der Umkehrosmose eingesetzt werden, zeigten positive Auswirkungen. Die Ablagerungsbildung konnte bereits mit einer geringen Additivkonzentration von 1,5 mg kg−1 deutlich verzögert werden, wodurch eine höhere Endkonzentration der Lösung erreicht wurde.

In zukünftigen Untersuchungen sollten Langzeitversuche mit konstanter Eintrittskonzentration durchgeführt werden. Im Gegensatz zur fortwährenden Konzentrierung könnte hierdurch auch ein potenzieller Einfluss der Calciumcarbonat-Ablagerungen eruiert werden. Zudem erscheint die weitere Durchführung und Analyse von Versuchen zur Ablagerungsbildung im Luftspaltverfahren wertvoll. Da hierin bei gleichen Prozessbedingungen eine niedrigere Permeatstromdichte vorliegt, ist anzunehmen, dass die Konzentrationspolarisation entsprechend geringer ausgeprägt ist.

Der Einfluss der Membranoberflächeneigenschaften auf die Ablagerungsbildung, insbesondere die Nukleation an der hydrophoben, mikroporösen Membran ist weitgehend unbekannt und sollte in zukünftigen Untersuchungen beleuchtet werden. Weiterhin wäre es interessant zu untersuchen, ob eine gezielte Modifikation der Membranoberfläche die Ablagerungsbildung reduzieren kann und welche Synergien durch den kombinierten Einsatz von modifizierten Membranen und Additiven für die Verminderung der Ablagerungsbildung erzielt werden können.

Danksagung

Die Autoren danken der KSB Stiftung (Frankenthal, Deutschland) für die finanzielle Förderung des Forschungsvorhabens.

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