90 Jahre Chemie Ingenieur Technik – Wissenschaftliches Publizieren im Wandel
Abstract
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1928: Der erste Weltkrieg ist seit zehn Jahren vorbei, Alexander Fleming entdeckt das Penicillin, Otto Röhm erfindet das Plexiglas und Adolf Windaus erhält den Chemie-Nobelpreis für die Strukturaufklärung von Sterolen. Es ist aber auch das Jahr, in dem die Angewandte Chemie, die seit über 30 Jahren bestehende Zeitschrift des Vereins Deutscher Chemiker (VDCh) – einer der beiden Vorläuferorganisationen der heutigen Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) – eine Schwester an die Seite gestellt bekommt: Die Chemische Fabrik. Sie ist gleichzeitig das offizielle Mitteilungsorgan der DECHEMA, die ihrerseits zwei Jahre zuvor aus dem VDCh hervorging. Heute, 90 Jahre später, hat sich zwar der Name der Zeitschrift in Chemie Ingenieur Technik – oder kurz CIT – geändert, das enge Miteinander der Eigentümerin GDCh mit der DECHEMA und der später hinzugekommenen VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (VDI-GVC) als Mitherausgeber ist aber so stark wie eh und je. Damit erfüllt die CIT eine wichtige Funktion als Brücke zwischen der naturwissenschaftlichen Dimension der Chemie auf der einen und den anwendungsorientierten, ingenieurgeprägten Aspekten auf der anderen Seite. Beides gehört untrennbar zusammen und die GDCh ist froh und stolz mit der CIT einen wichtigen Beitrag für dieses Miteinander zu leisten. In den 90 Jahren ihres Bestehens hat sich die CIT als renommierteste deutschsprachige Fachzeitschrift für technische Chemiker, Verfahrensingenieure und Biotechnologen fest etabliert, gesteuert durch ein von den drei Herausgebergesellschaften hochrangig besetztes Kuratorium und einem kompetenten Redaktionsteam um Barbara Böck bei Wiley-VCH in Weinheim. Diese Erfolgsgeschichte feiern wir in diesem Jubiläumsjahr, es gilt sie aber auch weiterzuentwickeln.
Neben dem Wettbewerb um die besten Autoren und die spannendsten und relevantesten Themen sind es insbesondere die aktuellen Entwicklungen und die damit verbundenen Herausforderungen im wissenschaftlichen Publikationswesen, denen sich die CIT vermehrt stellen muss. Die wichtigen Stichworte in diesem Zusammenhang lauten Open Science und Open Access. Während ich diese Zeilen schreibe, sind die als Projekt DEAL bekannten Verhandlungen zwischen der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen und den drei großen Wissenschaftsverlagen Elsevier, Springer Nature und Wiley, mit dem Ziel bundesweiter Lizenzverträge mit Open Access Komponente, noch ohne Ergebnis. Wie auch immer es ausgehen wird, Auswirkungen auf die Zeitschriften der GDCh und damit auch auf die Chemie Ingenieur Technik werden nicht ausbleiben. Gleiches gilt für den sogenannten „Plan S“, der Anfang September von elf europäischen Forschungsförderorganisationen – interessanterweise ohne Beteiligung der DFG – vorgelegt wurde. Kernaussage ist, dass bis 2020 alle öffentlich geförderten Forschungsergebnisse in genuinen Open Access Zeitschriften publiziert werden müssen. Bei Nichtbeachtung drohen Strafmaßnahmen. Hybridzeitschriften, also solche, die als Subskriptionszeitschriften vertrieben werden, bei denen jedoch gegen Zahlung einer Gebühr einzelne Artikel frei zugänglich gemacht werden können, sind nicht erlaubt. Sollte „Plan S“ tatsächlich umgesetzt werden, würden schätzungsweise 85 % aller bestehenden Zeitschriften, darunter illustre Namen wie die Angewandte Chemie oder das Journal of the American Chemical Society für europäische Forscher tabu. Auch die CIT würde dieses Schicksal ereilen, gehört sie doch ebenfalls zu den von der Politik ungeliebten Hybridjournalen.
Hier wird sicher noch viel passieren und ich bin sehr gespannt, wie sich die Situation im Jahr 2028, wenn wir 100 Jahre CIT feiern, darstellen wird. Nun aber erst einmal einen herzlichen Glückwunsch zum Neunzigsten, verbunden mit einem zuversichtlichen und optimistischen Blick auf die kommenden Jahre!