Mach es wie Julius!
Auf den Spuren von Julius Stöckhardt
Wer mag sich nicht gerne an klassische Chemieexperimente aus Kindheitstagen erinnern, zum Beispiel an Calciumcarbid in einer löchrigen Dose in Reaktion mit Wasser gebracht und dabei heftige Reaktionskinetik erleben. Zur Heiterkeit in der Schule – zumindest auf Schülerseite – führte das vorherrschende Geruchsmerkmal einer Stinkbombe, der Geruch von faulen Eiern. Chemieexperimente aus Kinder- und Jugendtagen hinterlassen einen bleibenden Eindruck.
Das Experiment bietet aber vor allem seit Anbeginn der Chemie und der chemischen Forschung Zugang zu Erkenntnis und Verständnis. Chemische Reaktionen zeichnen sich bekanntermaßen durch Stoff- und Energieumwandlungen aus. Eindrucksvoll ist es deshalb, den chemischen Sachverhalt über die Sinne erfahrbar zu machen, zum Beispiel akustisch durch eine Knallgasreaktion, visuell durch einen Farbumschlag von Bromthymolblau oder geruchswirksam durch das Entstehen von Schwefeloxid bei der Verbrennung von Schwefel.
Experimente machen Sachverhalte über die Sinne erfahrbar
Heute sind Experimente aus dem Chemieunterricht nicht mehr wegzudenken. Fachdidaktiker bewerten Experimente – sowohl Lehrer- als auch Schülerexperimente – im Chemieunterricht als ein wichtiges didaktisches Prinzip, das in den Lehrplänen aller Bundesländer eine große Rolle spielt. Darüber hinaus unterliegen Schulexperimente heute mehrperspektivischen Analysen und erfahren erkenntnistheoretische, lernpsychologische oder pädagogische Beschreibungen.

Übergabe des Julius-Adolph-Stöckhardt-Preises 2019 an Michael Linkwitz (Mitte) durch Frau Dr. Doris-Fischer-Henningsen, Chemie in unserer Zeit, und Dr. Thomas Eberle, Merck.
Einfach zusammengefasst: Die Chemie ist eine faszinierende, lebendige Naturwissenschaft, die Lust macht, erlernt und entdeckt zu werden. Und die es lohnt, begeisternd zu vermitteln.
Der naturwissenschaftlichen Bildung in den Schulen kommt dafür eine wichtige und prägende Rolle zu. Deswegen beobachtet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) den Rückgang der Abiturprüfungen in naturwissenschaftlichen Fächern mit großer Sorge (1). Auch in den Studienlaufbahnen zeichnet sich eine negative Entwicklung ab. In Deutschland nehmen im internationalen Vergleich zwar überdurchschnittlich viele junge Menschen ein naturwissenschaftliches oder technisches Studium auf, allerdings ist die Zahl der Studienabbrüche nach wie vor sehr groß (2). Gut ausgebildete weibliche und männliche Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker sind die Basis für Innovationen und technischen Fortschritt, um wichtige gesellschafts- und zukunftsrelevante Fragen zum Beispiel zu Gesundheit, Energie und Klima zu lösen.
Auch Merck, das Wissenschafts- und Technologieunternehmen mit Hauptsitz in Darmstadt, hat sich zur Aufgabe gemacht, naturwissenschaftliche Bildung zu unterstützen. Dabei soll das Interesse junger Talente an den Naturwissenschaften geweckt und gefördert werden, auch um langfristig auf diese Berufsfelder hinzuführen. Merck bietet dazu eine Reihe von Initiativen an: Zusammen mit der TU Darmstadt betreiben wir Schülerlabore in Chemie und Biologie, in denen Schulklassen zum Unterricht ergänzende Experimenttage durchführen können. Das Angebot richtet sich an ganze Klassen und bietet eine gute Möglichkeit der Breitenförderung. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten in modernen Laboren, lernen aktuelle Forschungstechniken kennen und führen eigenständig Experimente durch. Des Weiteren unterstützt Merck Projekte, die bewusst über den üblichen naturwissenschaftlichen Unterricht hinausgehen und den jungen Talenten mit Hilfe von Wettbewerben und Begegnungen eine Plattform geben. Hierfür arbeitet Merck mit verschiedenen Organisationen zusammen und unterstützt Formate wie „Jugend forscht“, die Chemie- und Biologieolympiade, „Chemie – die stimmt!“ oder das „Erfinderlabor“ (3).
Im Chemieunterricht sollten Experimente zentraler Bestandteil der Wissensvermittlung sein
Neben Schülerinnen und Schülern unterstützt Merck auch engagierte Lehrkräfte. Merck bietet nicht nur Fortbildungen für Lehrkräfte an, sondern vergibt zusammen mit der Fachzeitschrift „Chemie in unserer Zeit“ den mit 2000 Euro dotierten Julius-Adolph-Stöckhardt-Preis. Dieser Preis würdigt die zentrale Bedeutung des Experimentes bei der Vermittlung naturwissenschaftlichen Wissens und wird seit diesem Jahr jährlich an Chemielehrerinnen und -lehrer vergeben.

Der Julius-Adolph-Stöckhardt-Preisträger 2019 Michael Linkwitz bei seinem Festvortrag anlässlich des 11. NaWi-Fachtages bei Merck in Darmstadt.
Benannt wird der Preis nach dem Chemiedidaktiker Julius Adolph Stöckhardt (1808–1886), dessen Lehrbuch „Die Schule der Chemie oder Erster Unterricht in der Chemie“ im 19. Jahrhundert maßgeblich zur Popularisierung der Chemie beitrug. Sein Werk wurde bald ins Englische, Niederländische oder Russische übersetzt und begeisterte bereits zukünftige Nobelpreisträger, wie Adolf von Baeyer, Emil Fischer und Wilhelm Ostwald zur Chemie. Stöckhardt studierte Pharmazie und Naturwissenschaften in Berlin und schrieb bereits seine Dissertation über die Methoden des naturwissenschaftlichen Unterrichts (4).
Erstmals ausgezeichnet mit dem Julius-Adolph-Stöckhardt-Preis wurde 2019 Michael Linkwitz, Chemielehrer am Otto-Hahn-Gymnasium in Bergisch-Gladbach. Mit seinem Konzept „Green Chemistry“ ist es Michael Linkwitz in besonderer Weise gelungen, die Relevanz von Nachhaltigkeit und alternativer Verfahren schüler- und alltagsnah aufzubereiten. Die Schülerinnen und Schüler erhalten einen modernen Einblick in Abfall vermeidende, Material und Energie sparende, umweltverträgliche und kostengünstige industrielle Prozesse und Produkte (siehe dazu in dieser Ausgabe auf S. 412).
Für den Stöckhardt-Preis 2020 laden die „Chemie in unserer Zeit“ und Merck Chemielehrerinnen und -lehrer ein, sich bis zum 31. Mai 2020 zu bewerben (5).
Thomas Eberle, Merck KGaA
Biography
Thomas Eberle studierte Chemie in Mainz und Dijon, nach der Promotion 1999 bei Prof. Dr. Jun Okuda Einstieg bei Merck, seitdem tätig in verschiedenen in Positionen in Forschung und Entwicklung sowie Business Development, u.a. als Head of Nanomaterials, als Head of Global R&D Quantum Materials Chemistry und als Director R&D OLED Chemistry. Daraus resultieren eine Vielzahl von Patenten (ca. 90) sowie signifikante Produktentwicklungen. Dafür u.a. mit den Innovation Award von Merck ausgezeichnet. Seit 2019 Head of Educational Partnerships and Strategic Projects Corporate Responsibility und damit auch verantwortlich für Bildungsprojekte mit Schulen. In der GDCh engagiert als GDCh-Ortsverbandsvorsitzender Darmstadt in 2018/19.