Volume 16, Issue 10 pp. 1228-1248
CME-Artikel

Bienen- und Wespengiftallergie: Sensibilisierung und spezifische Immuntherapie

Hanan Adib-Tezer

Corresponding Author

Hanan Adib-Tezer

Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden, Helios Dr. Horst-Schmidt-Kliniken, Wiesbaden

Korrespondenzanschrift

Dr. med. Hanan Adib-Tezer

Klinik für Dermatologie und Allergologie

Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden

Ludwig-Erhard-Straße 100

65199 Wiesbaden

E-Mail: [email protected]

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Christiane Bayerl

Christiane Bayerl

Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden, Helios Dr. Horst-Schmidt-Kliniken, Wiesbaden

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First published: 09 October 2018
Citations: 7

Redaktion

Prof. Dr. D. Nashan, Dortmund

Von systemischen Stichreaktionen sind 0,3 % bis 7,5 % der Erwachsenen und bis zu 3,4 % der Kinder in Europa betroffen.

Entsprechend der aktuellen europäischen Leitlinie ist eine HIT ab einer Anaphylaxie Grad I nach Ring und Meßmer bei zusätzlicher Einschränkung der Lebensqualität und Nachweis einer IgE-spezifischen Sensibilisierung indiziert.

Es lassen sich milde von moderaten und schwerwiegenden Reaktionen unterscheiden.

Zur Einteilung der Schweregrade der Anaphylaxie hat sich die Klassifikation nach Ring und Meßmer bewährt.

Bei Fehlen der klassischen Symptomabfolge der Anaphylaxie sind differenzialdiagnostisch weitere Erkrankungen, die anaphylaktische Reaktionen simulieren können, wie Karzinoidsyndrom, Phäochromozytom und andere in Betracht zu ziehen.

Der in der Haut verbliebene Stachel ist kein sicheres Kriterium zur Unterscheidung zwischen Bienen- und Wespenstich.

Zur Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) zählen die Familien der echten Bienen (Apidae), der Faltenwespen (Vespidae) und der Ameisen (Formicidae). Zu den Apidae gehören die Gattung der Hummel (Bombus) und der Honigbiene (Apis). Die Gattung der Hornissen (Vespa), der Kurzkopfwespen (Vespula), der Langkopfwespen (Dolichovespula) und Feldwespen (Polistes) zählen zur Familie der Vespidae.

Die simultane Intradermaltestung mit 0,2 ml der Verdünnungsreihe ist sicher und effektiv.

Das optimale Zeitfenster für eine Hauttestung beträgt eine bis sechs Wochen nach dem Stichereignis. Bei einem langen Zeitintervall zwischen Stichereignis und Hauttestung können negative Testergebnisse resultieren.

Cross-reactive carbohydrate determinants im HG können im Immuno-CAP-Verfahren, welches gegen Meerrettichperoxidase (HRP) oder Ananas-Stamm-Bromelain (MUXF3) gerichtet ist, bestimmt werden. Der Nachweis schließt jedoch eine genuine Sensibilisierung nicht aus

Die diagnostische Sensitivität konnte durch Ves v5-gespiktes Wespengift-Gesamtextrakt von 83 % auf 97 % erhöht werden.

Kreuzreaktivität zwischen Vespula spp. und Polistes spp. wird meistens durch homologe Proteine wie Hyaluronidasen (Ves v2-homologes Polistesprotein) und Dipeptidylpeptidasen IV (Ves v3-Pol d3) verursacht. Die Bestimmung der Phospholipase A1 (Ves v1-Pol d1) und Antigen V (Ves v5-Pol d5) dient der Erfassung der entsprechenden Sensibilisierung.

Der Basophilenaktivierungstest (BAT) ist ein etabliertes Testverfahren, welches in der Routinediagnostik der HGA nicht eingesetzt werden sollte. Er ist hilfreich insbesondere in Fällen einer positiven HGA-Anamnese und fehlendem Nachweis einer IgE-vermittelten Sensibilisierung (laborchemisch and/or Hauttest).

Abhängig von der Prävalenz gegenüber den einzelnen Hymenopterengiften in verschiedenen Ländern sind europaweit therapeutische Giftpräparationen für die Honigbiene, Vespula spp., Polistes spp. sowie weltweit auch für Ameisen (Formicidae spp.) erhältlich.

Die Wirksamkeit der HIT wird für das Bienengift mit bis zu 84 %, für das Wespengift bis zu 96 % und für das Ameisengift bis zu 98 % angegeben.

Das Paul-Ehrlich-Institut äußert hinsichtlich der Akkumulationsgefahr von aluminiumhaltigen Depotpräparaten keine Bedenken für eine dreijährige HIT.

Api m10 ist in den erhältlichen therapeutischen BG-Extrakten unterrepräsentiert. Dies erklärt möglicherweise die schlechtere Wirksamkeit der BG-HIT.

Bei Unverträglichkeit der HIT kann eine Verträglichkeit durch Einsatz von Omalizumab erreicht werden.

Die HIT ist bei einer Stichanaphylaxie Grad II nach Ring und Meßmer und dem Nachweis einer IgE-vermittelten Sensibilisierung indiziert. Auch eine Stichanaphylaxie Grad I mit erhöhtem Risiko der Re-Exposition bzw. bei verminderter QoL stellt eine Therapieindikation dar.

Die neue EAACI-Leitlinie betrachtet die Einnahme von Betablockern und ACE-Hemmern nicht als Kontraindikation.

MAO-Hemmer können bei gleichzeitiger Applikation von Adrenalin in einer Notfallsituation zu hypertensiven Krisen und ausgeprägten Tachykardien führen.

Nach den Empfehlungen der EAACI kann auch bei Kindern < 5 Jahren eine HIT eingeleitet werden, wenn eine Stichanaphylaxie Grad II vorlag.

Bisher konnten keine in vitro-Marker zum Nachweis der Wirksamkeit der HIT etabliert werden. Die Stichprovokation mit lebendem Insekt während der HIT gilt nach wie vor als die bevorzugte Methode, die jedoch nicht standardisiert ist.

Patienten, die die Stichprovokation während der HIT nicht vertragen haben, sollten mit der erhöhten, doppelten Erhaltungsdosis weiter behandelt werden. Die Therapiedauer erstreckt sich über 3–5 Jahre ab Beginn der Behandlung mit der erhöhten Dosis.

Die diagnostische Stichprovokation wird in Deutschland nicht empfohlen, da sie mit einem hohen Risiko behaftet ist und als unzuverlässig bewertet wird.

In Deutschland stehen Adrenalin-Autoinjektoren von drei Herstellern zur Verfügung. Sie sind für den einmaligen Gebrauch konzipiert und unterscheiden sich deutlich in der Länge der verwendeten Nadeln. Die Kosten liegen zwischen 81,99 und 118,45 Euro.

Zusammenfassung

Die Hymenopterengiftallergie ist in der Erwachsenenpopulation der häufigste Auslöser anaphylaktischer Reaktionen und bei Kindern nach den Nahrungsmitteln der zweithäufigste. Dabei spielen als Auslöser Stiche der Honigbiene (Apis) und bestimmter Faltenwespen (insbesondere Vespula vulgaris, Vespula germanica) die Hauptrolle. Sie sind, insbesondere im Erwachsenenalter, häufig mit schweren Anaphylaxien vergesellschaftet. Etablierte diagnostische Methoden inklusive der molekularen Allergiediagnostik ermöglichen eine verbesserte Treffsicherheit in der Bestimmung des Anaphylaxie-auslösenden Insektes. Eine Doppelsensibilisierung bzw. Diskrepanzen zwischen Anamnese und Befunden können den Weg zu einer Therapieentscheidung erschweren. Mit der Hymenopterengiftimmuntherapie (HIT) steht eine sichere und effektive kausale Therapie zur Verfügung.

Interessenkonflikt

Keiner.

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