Allerlei vom Frühstücksei. Eine Oologisch-chemische Osterbetrachtung
Abstract
deEin hart- oder weichgekochtes Ei zuzubereiten, scheint trivial: Das täuscht! Die Übertragung von Wärmeenergie vom umgebenden Wasser im Kochtopf auf die verschiedenen internen Teile ist sehr komplex und die daraus resultierenden chemischen Prozesse sind viel komplizierter als ein einfaches Entwirren von Polymerknäulen. Unser Wissen um die grundlegenden chemischen Prozesse ist recht mager, so dass wir nur Staunen können, wie durch einfaches Eingeben eines Eis in kochendes Wasser am Ende eine solche Delikatesse entsteht. Dies ist wieder ein Beweis dafür, dass selbst von uns unbeabsichtigte Chemie Wunder vollbringen kann.
Abstract
enCooking a hard or soft boiled egg may seem to be trivial but it is not. The heat transfer from the surrounding water in the saucepan into the egg's various internal compartments is very complex and the resulting chemical processes are much more than a simple untangling of polymer chains. Although our scientific knowledge of the process is rather meager, it is large enough to still be amazed that after simply putting an egg into hot water we end up with such a delicacy. This is yet another proof that chemistry, even if it is done unintentionally, can make wonders come true.
REFERENCES
- 1 Solche Legeleistungen sind nur unter optimalen Umweltbedingungen und mit einer protein- und calciumreichen Nahrung zu erzielen, denn “ein Huhn legt durch den Schnabel“..
- 2 Prof. W. Ternes, Hannover, nutzt einen noch drastischeren Vergleich: Die in 10 Tagen von einer Henne geleistete Stoffwechselarbeit entspräche beim Menschen der Neubildung seiner Arme und Beine im gleichen Zeitraum.
- 3 Dem interessierten Leser seien die folgenden Standardwerke empfohlen, die auch als Basis für diesen Artikel dienten: a) Ei und Eiprodukte, W. Ternes, L. Acker und S. Scholtyssek, 1994, Paul Parey Verlag, Berlin. b) Egg Science and Technology, W.J. Stadelman, et al., 4th ed., 1995, The Haworth Press, Binghamton, USA. c) Naturwissenschaftliche Grundlagen der Lebensmittelzubereitung, W. Ternes, 2008, Behrís Verlag, Hamburg.
- 4 Das Ei kann auch mit kindergerechten Versuchen naturwissenschaftlich spielend entdeckt werden. Das folgende liebevoll geschriebene und illustrierte Buch kann Pädagogen und allen Eltern nur wärmstens empfohlen werden: Eiweisheiten, G. Lück und P. Gaymann, 2005, Herder Spektrum, Freiburg.
- 5 Low und high density lipoprotein (LDL und HDL) bezeichnet allein die Größe des Lipoproteins. Dies hat nichts mit dem so genannten “bösen“ (LDL) oder “guten“ (HDL)-Cholesterin zu tun, denn dies sind Proteine in unserem Blut, an denen Cholesterin gebunden ist.
- 6 G. Krampitz et al., Berl. Münch.Tierärztl Wschr. 1973, 86, 313.
- 7 Y. Nys et al., Poultry Avian Biol.Rev. 1999, 10, 143. I. Lavelin et al., Poultry Sci. 2000, 79, 1014.
- 8 Eine zweite in der Natur vorkommende Kristallform des Calciumcarbonats ist der Aragonit, aus dem Muschelschalen, Perlen und z.B. die Schalen von Reptilieneier bestehen.
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- 11 In einer Henne fallen täglich insgesamt ca. 5 Mol Protonen im Stoffwechsel an, die jedoch durch einen entsprechenden Verbrauch genau ausbalanciert wird (Homöostase). Einen kompetenten Überblick über die Rolle des Protons im Stoffwechsel gibt: K.G.M.M. Alberti et al., Metabolic acidosis 1982, 1, Ciba Foundation Symposium 87.
- 12 P. Mongin, World's Poultry Sci. J. 1968, 24, 200.
- 13 Diese einfache Berechnung gilt streng genommen nur für ein 56,7 g (2 oz.) schweres Ei. Bei kleineren und größeren Eiern muss das Eigewicht mitberücksichtigt werden und die Berechnung wird etwas komplizierter: Haugh-Wert = 100 log [Eiklarhöhe – 1,7 (Eigewicht)0,37 + 7,57)].
- 14 Joseph Baptiste Fourier (französischer Mathematiker, 1768-1839) entwickelte bei seinen Analysen der Wärmeleitfähigkeit verschiedener Körper die nach ihm benannten Fourier-Reihen und daraus die Fourier-Transformation, mit der die Frequenzkomponenten eines Signals berechnet werden können.
- 15 In dieser einfachen Form beschreibt Fouriers Gesetz den Wärmetransport pro Flächen- und Zeiteinheit für eine unendlich große und unendlich dünne Scheibe. Das Wesentliche des Gesetzes kann an einer wärmedämmenden Fensterscheibe erläutert werden: Eine Isolierglasscheibe ist dann gut, wenn sie gut isoliert (κ klein), dick ist (Δx groß) und natürlich, wenn es draußen nicht kalt ist (ΔT klein).
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- 18 Vorschrift siehe: H. Buttkus, http://albumen.standford.edu/library/c20/buttkus1974.html.
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- 23 H. Brückner et al., Fresenius Z. Anal. Chem. 1987, 327, 30.
- 24 T. F. Irmiter et al., Poultry Science 1970, 49, 1232. Eine wissenschaftliche Studie über das Eierkochen lässt uns schmunzeln aber für die eierverarbeitende Industrie, in der täglich Zehntausende von Eier gekocht und gepellt werden müssen, hat eine solche Untersuchung erhebliche wirtschaftliche Bedeutung.
- 25 Es muss vermutet werden, dass zu kräftiges Sieden und das damit verbundene Aufschlagen der Eier auf den Topfboden bzw. das Zusammenstoßen der Eier untereinander die Hauptursache für den Schalenbruch am heimischen Herd ist. Profis hängen die Eier in nur einer Schicht mit einem Sieb in simmerndes Wasser.
- 26 E. Fooladi in www.fooducation.or.
- 27 Bocuse, die Neue Küche, P. Bocuse, 1977, Econ Verlag Düsseldorf; Die von Bocuse angegebenen Rezepte sind praktisch wortgleich mit denen des großen Auguste Escoffiers: The Escoffier Cookbook, A. Escoffier, 1969, Crown Publishers, New York.
- 28 Joshua Lederberg in But the Crackling is Superb (eds. N. and G. Kurti), 1988, IOP Publishing Ltd., Bristol. Der amerikanische Nobelpreisträger behauptete “We could (almost) explain the chemistry of boiling eggs: frying was beyond us.“
- 29 Informationskreis Legehennenhaltung: www.ikl.info/eiermarkt.html.
- 30 Mit dieser als Candeling, bezeichneten Qualitätskontrolle, die früher tatsächlich mit einer hinter dem Ei positionierten Kerze (engl. candle) durchgeführt wurde, werden auch heute noch, allerdings vollautomatisch, Eier durchleuchtet, um grobe Risse bzw. Einblutungen nachzuweisen und diese Eier auszusortieren.
- 31 Die Eierstempelfarbe muss für Tintenstrahldrucker geeignet sein, muss schnell trocknen, kochfest sein und darf nicht tief in die Schale eindringen. Vor allem darf sie nach den EU-Vorschriften (94/36/EG Art. 2(9), Anhang 1) nur bestimmte bei Lebensmitteln zugelassene Farbstoffe enthalten.
- 32 Derzeit wird die Erweiterung um die Ziffer “4“ für die “Ausgestalteten Käfige bzw. die Kleingruppenhaltung“ geprüft.
- 33 S. E. Solomon, Egg and Eggshell Quality, 1997, Manson Publishing, London.
- 34 Die Hagelschnüre sind rechts-verdrillte Proteinschnüre, die bis in die mittlere viskose Eiklarschicht reichen und eine stoßgedämpfte Aufhängung des Eidotters im Ei erlauben.
- 35 A. Hatzipanagiotou, W. Hartfiel, Arch. Geflügelkde. 1984, 48, 155.
- 36 Die dreidimensionalen Moleküldarstellungen beruhen auf den folgenden Röntgenstrukturanalysen: Ovalbumin: P. E. Stein et al., J. Mol. Biol. 1991, 221, 941. Ovotransferrin: H. Kurokawa et al., J. Mol. Biol. 1995, 254, 196. Ovomucoid: E. Weber et al., J. Mol. Biol. 1982, 158, 515. Lysozym: J. Wang et al., Acta Crystallogr. D. 2007, 63, 1254.
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- 38 D. J. Vocadlo et al., Nature 2001, 412, 835.
- 39 R. Zhao et al., Poultry Science 2006, 85, 546.
- 40 Die Angaben der Denaturierungstemperaturen individueller Proteine schwanken in der Literatur, da diese Werte in Lösungen des jeweils reinen Proteins unter unterschiedlichen Bedingungen gemessen wurden.
- 41 R. Gardner in But the Crackling is Superb (eds. N. and G. Kurti), 1988, IOP Publishing Ltd., Bristol.
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