Volume 20, Issue 1 pp. 1-12
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Über das Gehirn des Zwergwildschweins, Sus (Porcula) salvanius Hodgson, 1847 Ein Beitrag zur Problematik vergleichender Hirnuntersuchungen bei Säugetieren unterschiedlicher Körpergröße1

Von D. Kruska

Corresponding Author

Von D. Kruska

Aus dem Institut für Zoologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover (Direktor: Prof. Dr. M. Rohrs)

Institut für Zoologie, Tierärztliche Hochschule Hannover, Bünteweg 17, D-3000 Hannover 71Search for more papers by this author
First published: March 1983
Citations: 5
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Herrn Dr. Karl Meunier zum 80. Geburtstagam 1. Februar 1982 in herzlicher Dankbarkeit für viele Anregungen im Bereich der Allometrieforschung gewidmet.

Abstract

Einleitung

Die vorliegende Studie soil einen Beitrag zum Einfluß der Körpergröße auf Hirnbesonder-heiten verwandter Arten liefern, um dadurch klarere Grundlagen zur Bewertung von Evolutionshöhen zu gewinnen. Als Untersuchungsmaterial konnten Arten der Suidae herangezogen werden. Die Gehirne von einigen rezenten Vertretern dieser Familie wurden bereits früher beschrieben, miteinander verglichen und morphologisch den Gehirnen von anderen Artiodactyla und Perissodactyla gegenübergestellt (Kruska 1970, 1973). Jetzt standen mir auch Gehirne des Zwergwildschweins, Sus (Porcula) salvanius zur Verfügung. Bislang waren Besonderheiten der Gehirne dieser Wildart unbekannt.

Sus (Porcula) salvanius, dessen Biologie noch vergleichsweise unerforscht blieb (Frädrich 1979), kommt am Fuße des Himalaya in den Staaten Nepal, Sikkim, Bhutan und Assam vor. Das Zwergwildschwein galt bei einigen Wissenschaftlern bereits als ausgestorben, zumindest in seinem Bestand als stark bedroht. In neuerer Zeit konnten jedoch einige Individuen gefangen und für Nachzüchtungen in einem Arterhaltungsprogramm eingesetzt werden. Die Geschichte der Wiederentdeckung ist Mallinson (1971, 1977) und Schmidt et al. (1978) zu entnehmen.

Sus (Porcula) salvanius weist einige körperliche Merkmale auf, die diese Art von anderen Sus-Species unterscheidet. Sie wird daher in einer eigenen Untergattung systematisch gefuhrt (Haltenorth 1963). Angaben in der Literatur entsprechend sind folgende Körpermaße für adulte Sus (Porcula) salvanius kennzeichnend: Kopfrumpflänge 50–60 cm, Körpergesamtgewicht 4–10 kg (Mohr 1960; Haltenorth 1963). Diese extrem geringe Körpergröße steht in starkem Kontrast zu denen der übrigen Vertreter der Familie, insbesondere zu der größten Art Hylochoerus meinertzhageni mit Kopfrumpflängen von 155–180 cm und Körpergewichten bis zu 250 kg (Frädrich 1979). Innerhalb der Suidae können also Zwerg und Riesenformen unterschieden werden.

Zusammenfassung

Zwei Gehirne von Sus (Porcula) salvanius werden erstmalig beschrieben, durch Maße gekennzeichnet und mit vorher beschriebenen Gehirnen anderer Vertreter der Suidae verglichen. Aus der Hirngewichts-Körpergewichts-Beziehung ergibt sich für Sus (Porcula) salvanius ein ähnliches Cerebralisationsniveau wie für Potamochoerus porcus, Phacochoerus aethiopicus und Babirussa babyrussa. Sus scrofa hat körpergrößenunabhängig ein größeres, Hylochoerus meinertzhageni ein kleineres Gehirn.

Die Endhirnhemisphären der Zwergwildschweine zeigen in Form, Ausdehnung und Furchenmuster einige Charakteristika, welche ein primitives Gehirn kennzeichnen könnten. Allometrische Vergleiche verschiedener Maße auf der Basis der Hirngröße zeigen jedoch, daß diese Merkmale durch die extrem geringe Körpergröße der Tiere bedingt sind. Zwergwildschweine haben ähnlich hoch entwickelte Gehirne wie einige andere rezente Vertreter der Familie Suidae.

Summary

On the brain of the Pigmy Hog, Sus (Porcula) salvanius Hodgson, 1847. A contribution on problems concerning comparative brain investigations in mammals of different body size

Two brains of Sus (Porcula) salvanius are described and compared in form, hemispheric fissuration pattern and some measurements with previously studied brains of other species of the family Suidae. The brain weight body weight relationship shows nearly the same medium level of encephalisation for the Pigmy Hog, Sus (Porcula) salvanius as for Potamochoerus porcus, Phacochoerus aethiopicus and Babirussa babyrussa. Sus scrofa, however, is characterised by a relatively large and Hylochoerus meinertzhageni by a relatively small brain size.

There are some characteristics found in Sus (Porcula) salvanius brains concerning form and fissuration pattern of the hemispheres. Especially from lateral there is a large piriform lobe visible and only a relatively low neocortical height. Furthermore, from a basal view nearly no “basal neocortex” is to be seen. The fissuration pattern is very simple and only main sulci are developed. The following fissures, typical for all other species of Suidae, are lacking in Sus (Porcula) salvanius brains: anterior ramus of Fissura cruciata, Fissura entolateralis, Fissura ectolateralis and Fissura suprasylvia anterior.

All these morphological characteristics could be valued as typical for a rather primitive mammalian brain, but they are explainable through the extremely small body and brain size. The Pigmy Hog has all together a well developed brain at a comparable encephalisation level as the other recent species of the family Suidae.

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