Mastozytose – Pathogenese, Klinik und Therapie
Mastozytosen zeichnen sich durch eine klonale Vermehrung von Mastzellen in verschiedenen Organen aus. Durch eine Mutation im KIT-Gen (meist D816V), das den Rezeptor KIT (CD117) für den Wachstumsfaktor SCF (stem cell factor) kodiert, kommt es zur SCF-unabhängigen Aktivierung der Proliferation und Aktivierung von Mastzellen.
Mastzellen sind ubiquitär im Körper verteilt und sind über verschiedene membranständige Rezeptoren u. a. an der Inflammation, Tumorabwehr, Angiogenese beteiligt.
Mastozytosen sind selten, zu etwa 65 % sind Kinder, zu 35 % Erwachsene betroffen, ohne Geschlechtsprädisposition. Fast immer treten Spontanmutationen auf.
Im Kindesalter manifestieren sich kutane Mastozytosen meist als Mastozytom oder mit makulopapulösen Effloreszenzen. Letztere werden in eine monomorphe kleinmakulöse und eine polymorphe großfleckige Variante unterteilt.
Bis zur Adoleszenz zeigt sich eine hohe Spontanmutationsrate der kindlichen Mastozytosen.
Im Erwachsenenalter finden sich meist braunrote Maculae von 5–10 mm Größe, die sich oft initial an den Oberschenkeln manifestieren. Durch Reibung ist eine juckende Rötung und Schwellung auslösbar, das „Darier-Zeichen“.
Kriterien für eine systemische Mastozytose: Mastzellaggregate ≥ 15 Zellen in KM und/oder ≥ 1 anderen extrakutanen Organ/en (Hauptkriterium), 25 % der Mastzellen im Infiltrat/Blut mit atypischer/spindelzelliger Morphologie, KIT-Mutation D816V im KM, Blut oder in einem anderen extrakutanen Organ, dauernde Serumtryptase-Erhöhung > 20 ng/ml.
Die Mastzellleukämie und die aggressive systemische Mastozytose erfordern eine zytoreduktive Therapie.
Das sehr seltene Mastzellsarkom zeigt ein aggressives Wachstum und eine schlechte Prognose.
Mastozytose-Patienten zeigen oft vielfältige mediatorabhängige Beschwerden und Anaphylaxien, insbesondere auf Insektengift und Nahrungsmittel. In etwa einem Drittel der Patienten treten Osteopenie, Osteoporose oder Osteosklerose auf.
Zur Beurteilung des Ausmaßes der Mastzellvermehrung ist, insbesondere bei erwachsenen Patienten, die Bestimmung der Serumtryptase notwendig.
Die Mutationsanalyse zeigt meistens die D816V-Mutation. Die mutationsbedingte Aktivierung des KIT-Rezeptors hat eine aberrante Expression von CD2 und CD25 auf den Mastzellen zur Folge.
Die Therapie ist meist symptomorientiert. Alle erwachsenen Patienten sollten ein Notfallset erhalten, über eine mögliche Anaphylaxie aufgeklärt und im richtigen Verhalten im Notfall geschult werden.
Eine interdisziplinäre internistische Zusammenarbeit ist obligat. Selten ist eine zytoreduktive Therapie notwendig. Interferon, Cladribin, Midostaurin, Polychemotherapien und ggf. Stammzelltransplantationen können erforderlich sein.
Zusammenfassung
Mastozytosen sind seltene Erkrankungen. Aufgrund der charakteristischen Hautveränderungen, der teils assoziiert auftretenden Anaphylaxien sowie der Mediatorsymptomatik werden sie oft im dermatologisch-allergologischen Tätigkeitsbereich primär diagnostiziert. Zugrunde liegt eine klonale Mastzellvermehrung, meist in der Haut oder dem Knochenmark, seltener im Gastrointestinaltrakt oder anderen Organen. In der Regel haben Mastozytosen eine gute Prognose quoad vitam. Seltene Formen, wie die Mastzellleukämie, die aggressive Mastozytose und das extrem rare Mastzellsarkom erfordern eine zytoreduktive Therapie. Bei Mastozytosen mit assoziierter hämatologischer Neoplasie ist die Prognose abhängig von der begleitenden hämatologischen Grunderkrankung.